Der Blog zur nordischen Mythologie und den Wikingern

Farben der Wikinger: Schwarz

Unter allen Farben, die das Leben der Wikinger prägten, hatte Schwarz – altnordisch Svart eine ganz besondere Stellung. Es war die Farbe der Nacht, des Geheimnisses, der Erde und des Todes – und zugleich der Macht, der Würde und des Schutzes. In einer Welt, in der Licht und Dunkel, Leben und Tod als untrennbare Gegensätze verstanden wurden, war Schwarz die Farbe der Grenze zwischen beiden. Die Wikinger sahen in der Dunkelheit nicht nur das Ende, sondern auch den Anfang von allem. Aus der schwarzen Leere des Nichts – dem Ginnungagap – entstand die Welt. In der Nacht, wenn die Sonne verschwand, begann der Zyklus der Erneuerung. So wurde Schwarz zur Farbe des Ursprungs, der Transformation und des Mysteriums. Sie war kein bloßes Fehlen von Licht, sondern eine eigene, kraftvolle Qualität – das Fundament, auf dem alles Sein ruht.

Farben der Wikinger. Schwarz

Bedeutung im Glauben und Alltag der Wikinger

In der nordischen Weltanschauung hatte Schwarz eine ambivalente, aber tief spirituelle Bedeutung. Sie stand für das Verborgene, das Heilige und das Unergründliche. Alles, was im Dunkeln lag, war zugleich gefährlich und heilig – von der Erde, in der die Ahnen ruhten, bis zu den Tiefen des Meeres, in denen Aegir und Ran ihre Schätze bewahrten.

In der Farbe Schwarz sah man die Gegenkraft des Lichts, das Prinzip, das Gleichgewicht schafft. Die Nacht war nicht bloß die Abwesenheit des Tages, sondern die notwendige Ruhephase der Natur, der Götter und der Menschen. Sie bot Schutz, Heilung und Neubeginn.

Schwarz galt als Farbe der Stärke und Entschlossenheit, besonders im Kampf. Dunkle Kleidung wurde von Kriegern getragen, die damit sowohl Furcht als auch Ehrfurcht erregen wollten. Ein schwarzer Mantel konnte Stärke, Disziplin und Todesverachtung symbolisieren – Tugenden, die in der nordischen Kriegergesellschaft hochgehalten wurden.

Zugleich war Schwarz die Farbe des Bodens und der Erde – jener Kraft, die Leben nährt und Tote aufnimmt. In diesem Kreislauf von Geburt, Tod und Wiederkehr spiegelte sich die gesamte kosmische Ordnung wider, die die Wikinger in ihren Mythen verehrten.

Herstellung der Farbe Schwarz

Das Färben von Stoffen in tiefem Schwarz war in der Wikingerzeit eine Kunst und Herausforderung zugleich. Die Farbstoffe wurden aus natürlichen Quellen gewonnen – meist aus Holzkohle, Eisenoxid, Torf, Galläpfeln oder der Rinde von Erlen und Eichen.

Ein besonders kräftiger Schwarztön wurde erzielt, indem Pflanzenfarbstoffe mit Eisen versetzt wurden. So entstand ein dunkles, metallisch glänzendes Schwarz, das zugleich robust und beständig war. In manchen Regionen Skandinaviens nutzte man auch Ruß oder verbrannte Knochen, um Leder, Holz und Schmuck zu schwärzen – eine Technik, die nicht nur ästhetische, sondern auch rituelle Zwecke hatte.

Schwarze Textilien galten als kostbar, da das Färben schwierig war und die Farbe leicht verblassen konnte. Nur wohlhabendere Wikinger konnten sich dauerhaft dunkle Kleidung leisten – sie war also nicht nur Symbol für Dunkelheit, sondern auch für Rang und Stilbewusstsein.

Symbolik von Schwarz in der Mythologie

In der nordischen Mythologie ist Schwarz die Farbe des Ursprungs und des Endes. Vor der Erschaffung der Welt existierte nur die gähnende Leere des Ginnungagap – dunkel, still und grenzenlos. Aus diesem schwarzen Nichts entsprang alles Leben.

Viele der mächtigsten Wesen der nordischen Mythen tragen schwarze Züge: Odin, der oft in dunklem Mantel und mit Schattenhut beschrieben wird, ist der Herr der Nacht, der Wanderer durch das Verborgene. Seine Raben Hugin und Munin, schwarz wie Pech, symbolisieren Gedanke und Erinnerung – zwei Kräfte, die tief in die Dunkelheit des Geistes reichen.

Auch die Unterwelt Helheim, das Reich der Toten, wird in Dunkelheit gehüllt beschrieben. Dort herrscht die Göttin Hel, halb schwarz, halb hell – ein Sinnbild für die Dualität von Leben und Tod. Selbst der Weltenbaum Yggdrasil wurzelt in schwarzen Tiefen, wo die Quellen der Schöpfung entspringen.

So ist Schwarz nicht bloß eine Farbe der Finsternis, sondern der Erkenntnis und Transformation. Es steht für den Punkt, an dem alles beginnt und endet, für das Mysterium, das die Welt im Gleichgewicht hält.

Schwarz in Kleidung, Waffen und Symbolen

In der materiellen Kultur der Wikinger hatte Schwarz eine klare und wirkungsvolle Funktion. Dunkle Stoffe wurden oft bei feierlichen oder rituellen Anlässen getragen, um Ernst, Würde und Respekt auszudrücken. Bei Beerdigungen war Schwarz die Farbe der Trauer, aber auch des Schutzes der Seele auf ihrem Weg ins Jenseits.

Krieger nutzten Schwarz, um Furcht zu verbreiten – dunkle Schilde, bemalte Helme und Ruß auf der Haut verstärkten ihr Erscheinungsbild im Kampf. Diese „Kriegsfarben“ dienten nicht nur der Tarnung, sondern auch als psychologische Waffe.

In der Kunst und Symbolik taucht Schwarz oft als Hintergrundfarbe für Runen auf. Besonders in der Seiðr-Magie wurde es als Schutzfarbe verwendet, die negative Energien absorbieren sollte. Runenstäbe, Amulette oder Waffen wurden mit schwarzem Ruß eingerieben, um ihre magische Kraft zu „versiegeln“.

Schwarze Tiere – etwa Raben, Pferde oder Katzen – galten als heilig. Sie wurden mit Göttern wie Odin, Freyja und Hel in Verbindung gebracht. Ein schwarzes Pferd konnte als Opfertier dienen, da es den Übergang in die andere Welt symbolisierte.

Spirituelle Deutung und Magie

Spirituell betrachtet war Schwarz im Seiðr und in der Runenmagie eine Farbe der Schutz- und Bannkräfte. Sie wurde in Ritualen eingesetzt, um Flüche abzuwehren oder unsichtbare Grenzen zu ziehen. Eine mit schwarzer Kohle gezogene Linie galt als Barriere gegen Geister und böse Energien.

In der Vorstellung vieler Heiler und Priesterinnen war Schwarz aber auch die Farbe der inneren Reise – des Eintauchens in das Unbewusste, um dort Erkenntnis zu finden. So stand sie in engem Zusammenhang mit dem spirituellen Prozess des dauðr („inneren Todes“), einer Art ritueller Wiedergeburt, die sowohl Odin als auch Schamanen durchliefen, um Weisheit zu erlangen.

In diesem Sinn symbolisiert Schwarz Selbsterkenntnis, Transformation und spirituelle Reife. Es ist die Farbe derer, die in die Dunkelheit hinabsteigen, um Licht zu finden – der Wanderer, der Seher, der Wissende.

Archäologische und kulturelle Belege

Archäologische Funde bestätigen, dass schwarze Materialien und Farbstoffe in der Wikingerzeit weit verbreitet waren – wenn auch meist in rituellem oder hochwertigem Kontext. In Gräbern von Birka, Oseberg und Haithabu fanden Forscher Reste von dunklen Textilien, Leder und mit Ruß geschwärzten Holzobjekten.

Auch schwarze Schmuckstücke aus Eisen, Obsidian oder geschwärztem Silber wurden häufig gefunden. Sie dienten nicht nur als Zierde, sondern hatten vermutlich auch eine apotropäische (abwehrende) Bedeutung – Schutz vor bösem Blick und dunklen Mächten.

Auf Runensteinen taucht Schwarz als Füllfarbe in Gravuren auf, oft um die Runen deutlicher sichtbar zu machen. Dieses „Einfärben mit Ruß oder Teer“ könnte aber auch rituelle Bedeutung gehabt haben – ein symbolisches „Erwachen“ der Zeichen durch das Feuer der Dunkelheit.

Götterzugehörigkeit – Schwarz als Farbe Odins und Hel

Wenn eine Farbe mit den Göttern der nordischen Welt eng verbunden war, dann Schwarz mit Odin. Als Wanderer trug er dunkle Kleidung, einen schwarzen Hut und Mantel, um ungesehen durch die Welten zu schreiten. Schwarz war für ihn die Farbe des Wissens, das im Verborgenen liegt.

Auch die Göttin Hel, Herrin der Unterwelt, wird in dunklen Tönen beschrieben – halb schwarz, halb leichenblass. Ihre Gestalt zeigt, dass die Dunkelheit nicht nur Zerstörung, sondern auch Ruhe, Ordnung und Annahme bedeutet. In ihrem Reich endete der Kreislauf des Lebens – doch dort begann auch das neue Werden.

So wird Schwarz zu einer göttlichen Farbe: der Weisheit Odins, der Tiefe Hels und der Ewigkeit der Erde selbst.

Zusammenfassung zur Farbe der Wikinger Schwarz

Für die Wikinger war Schwarz mehr als Dunkelheit – es war die Substanz der Schöpfung, der Stoff, aus dem die Welt gemacht wurde. Es war das Nichts, das alles enthält, und der Schatten, in dem das Licht geboren wird. Schwarz war die Farbe der Erde, der Ahnen und der Macht. Sie schützte, verbarg und offenbarte zugleich. In der symbolischen Sprache der Wikinger war sie Ausdruck von Stärke, Weisheit und innerer Ruhe – der Fähigkeit, das Dunkle nicht zu fürchten, sondern zu verstehen. So steht Svart bis heute für das älteste und tiefste Prinzip des Nordens: Das Licht mag scheinen, aber aus der Dunkelheit wurde alles geboren.


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