Der Blog zur nordischen Mythologie und den Wikingern

Götter der Wikinger: Hlín (Hlína)

Unter den vielen Göttinnen der nordischen Mythologie gibt es Gestalten, die nur flüchtig in den alten Texten erscheinen, deren Wesen aber dennoch eine tief symbolische Bedeutung trägt. Eine dieser Gestalten ist Hlín (auch Hlína geschrieben). Sie wird in der Prosa-Edda Snorris als eine Dienerin der Göttin Frigg genannt und erscheint auch in der Lieder-Edda, wo sie als Beschützerin der Menschen beschrieben wird, die von Not, Gefahr oder Trauer bedroht sind. In Hlín verdichtet sich das Bild einer göttlichen Instanz, die weniger für Kampf oder Schöpfung steht, sondern für Schutz, Trost und die Bewahrung vor Unheil.

Götter der Wikinger: Hlín

Hlín in der nordischen Mythologie

Hlín wird in den Eddas nur knapp beschrieben, doch ihre Aufgaben lassen Rückschlüsse auf ihre symbolische Bedeutung zu. In der Prosa-Edda nennt Snorri sie unter den Asinnen und beschreibt sie als diejenige, die Menschen beschützt, wenn Frigg sie darum bittet. Hlín fungiert somit als eine Art göttliche Wächterin, die auf Geheiß der höchsten Göttin eingreift, um Menschen in Gefahr zu bewahren.

In der Lieder-Edda, genauer in der Völuspá, wird Hlín im Kontext der Ragnarök erwähnt. Dort heißt es, dass Hlín von großem Kummer getroffen werde, wenn Baldr, der Sohn Odins und Friggs, getötet wird. Diese Erwähnung verleiht ihr eine enge Verbindung zur Trauer und zum Leid, das selbst die göttliche Welt nicht verschont. Hlín ist damit nicht nur eine Göttin des Schutzes, sondern auch eine Trösterin in Zeiten des Verlusts.

Die Verbindung zu Frigg ist besonders bedeutungsvoll: Frigg, die Göttin der Ehe, der Familie und des Schicksals, ist selbst eine Beschützerin. Doch während Frigg das große Ganze im Blick hat, erscheint Hlín als diejenige, die im direkten, persönlichen Schutz wirksam wird. Sie verkörpert damit das konkrete Eingreifen im Alltag der Menschen.

Der Kult um Hlín: Verehrung und Rituale

Obwohl es keine direkten Hinweise auf einen eigenständigen Kult zu Hlín gibt, lässt sich ihre Rolle als Schutzgöttin leicht in den religiösen Alltag der Wikinger einordnen. Wahrscheinlich wurde sie von Menschen angerufen, die in Notlagen gerieten, sei es durch Krankheit, Verlust oder Gefahr in kriegerischen Auseinandersetzungen. Ihre Verbindung zu Frigg legt nahe, dass sie Teil der häuslichen Verehrung gewesen sein könnte – angerufen in stillen Gebeten, wenn Schutz und Trost nötig waren.

Besonders in der Trauer dürfte Hlín eine wichtige Rolle gespielt haben. Da sie selbst mit der Trauer um Baldr verbunden wird, konnte sie als göttliche Fürsprecherin erscheinen, die menschlichen Schmerz versteht und lindert. In diesem Sinne war ihre Verehrung wohl weniger spektakulär als die Feste zu Ehren Thors oder Freyrs, sondern leise, persönlich und von inniger Hoffnung getragen.

Symbolik von Hlín

Die Symbolik von Hlín ist zweifach: Sie steht einerseits für den Schutz vor Gefahren und andererseits für die Linderung von Leid. Diese doppelte Funktion macht sie zu einer der menschennahesten Göttinnen der nordischen Mythologie. In ihr verdichtet sich die Hoffnung, dass die Götter nicht nur Krieger und Herrscher unterstützen, sondern auch die einfachen Menschen in ihren täglichen Sorgen und im Umgang mit Schmerz.

Hlín symbolisiert das göttliche Eingreifen in Notmomenten – das unerwartete Glück, das rettende Hindernis, das eine Katastrophe abwendet. Gleichzeitig ist sie eine Gestalt der Trauerarbeit: Wer Leid erlebt, kann in Hlín die göttliche Trösterin sehen, die den Schmerz anerkennt und ihn erträglicher macht. Ihre Symbolik ist daher zutiefst menschlich und zeitlos.

Hlín im Vergleich zu anderen Göttinnen

Im Kreis der Asinnen nimmt Hlín eine besondere Rolle ein, die sie mit einigen anderen Göttinnen verbindet, aber auch klar von ihnen abhebt. Während Frigg als oberste Göttin die Ordnung von Ehe, Familie und Schicksal wahrt, übernimmt Hlín die konkrete Aufgabe, die Menschen im Einzelnen zu beschützen. Fulla, die Dienerin und Vertraute Friggs, steht für Geheimhaltung und Treue, während Hlín Schutz und Trost verkörpert.

Auch im Vergleich zu Sjöfn oder Lofn, die mit Liebe und Zuneigung verbunden sind, zeigt sich Hlín als die göttliche Kraft, die nicht auf Leidenschaft oder Gefühle fokussiert ist, sondern auf die Sicherheit und das Überleben. Im Kreis der „stilleren“ Göttinnen der nordischen Mythologie repräsentiert sie somit eine zutiefst praktische und existenzielle Macht.

Historische Quellen und Belege zu Hlín

Unsere Kenntnis von Hlín ist fast ausschließlich literarischer Natur. Die wichtigsten Belege finden sich in der Prosa-Edda Snorris, wo sie klar als Schutzgöttin benannt wird. In der Völuspá der Lieder-Edda wird sie im Zusammenhang mit Baldrs Tod erwähnt, wodurch ihre Verbindung zu Leid und Trauer eine mythologische Tiefe erhält.

Archäologisch gibt es keine spezifischen Funde, die eindeutig mit Hlín in Verbindung gebracht werden könnten. Doch die zahlreichen Grabbeigaben, die Schutzamulette und rituellen Gegenstände aus der Wikingerzeit legen nahe, dass der Glaube an göttlichen Schutz ein fester Bestandteil der damaligen Kultur war. In der Sprache und Dichtung erscheint Hlín als Kennung für Schutz und Trost, was ihre Bedeutung in der alltäglichen Vorstellungskraft der Nordmänner verdeutlicht.

Zusammenfassung zur nordischen Göttin Hlín

Hlín ist eine jener Gottheiten, die nicht durch große Mythen oder monumentale Kultstätten in Erinnerung bleiben, sondern durch ihre Nähe zum Menschen. Als Dienerin Friggs und Beschützerin der Menschen steht sie für die leise, aber unverzichtbare göttliche Kraft, die in Momenten der Not und Trauer wirksam wird. Sie ist die Göttin, die schützt, wenn Gefahr droht, und tröstet, wenn der Schmerz unüberwindbar erscheint. Ihre Symbolik ist bis heute aktuell: Hlín erinnert daran, dass göttlicher Beistand nicht immer im Donner oder in großen Schlachten zu finden ist, sondern oft in den stillen Momenten, wenn wir Schutz, Hoffnung und Trost am meisten brauchen.


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