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Wer war eigentlich Lagertha?

Der Name Lagertha ist heute beinahe jedem bekannt, nicht zuletzt durch die Fernsehserie Vikings. Doch hinter der modernen Ikone verbirgt sich eine komplexe Gestalt aus den mittelalterlichen Quellen. Lagertha gilt als eine der berühmtesten Schildmaiden – Frauen, die mit Waffen kämpften und an Kriegszügen teilnahmen. Unsere Hauptquelle für ihr Leben ist die Gesta Danorum des dänischen Gelehrten Saxo Grammaticus aus dem 12. Jahrhundert. Dort erscheint sie als tapfere Kriegerin und zeitweise Ehefrau des legendären Ragnar Lodbrok. Historisch gesicherte Belege fehlen, doch die Erzählungen machen Lagertha zu einer Schlüsselfigur im Verständnis von Geschlechterrollen, Mythen und Symbolen der nordischen Welt.

Wer war eigentlich Lagertha?

Lagertha in den Quellen – Saxo Grammaticus

Die wichtigste und nahezu einzige literarische Quelle zu Lagertha findet sich in der Gesta Danorum. Saxo berichtet, dass sie als tapfere Kämpferin auftrat, als Ragnar Lodbrok Norwegen gegen den schwedischen König Fro eroberte. Fro hatte zuvor Frauen aus der Familie Ragnars versklavt, doch diese wehrten sich mit Waffen in der Hand. Unter ihnen war Lagertha, die sich mit solcher Tapferkeit hervortat, dass Ragnar sie heiraten wollte.

Saxo schildert sie als mutige Schildmaid, die mit fliegendem Haar und bewaffnet in die Schlacht zog und entscheidend zum Sieg beitrug. Später heiratete sie Ragnar, gebar ihm Kinder, doch die Ehe war nicht von Dauer: Ragnar ließ sie nach einiger Zeit wieder scheiden. Bemerkenswert ist auch die Episode, in der sie Ragnar in einer Auseinandersetzung zu Hilfe eilt und mit einem einzigen Speerwurf seine Feinde besiegt.

Die Legende der Schildmaid Lagertha

Die Legende um Lagertha zeigt sie als außergewöhnliche Frau, die die Grenzen ihrer Zeit sprengte. Nach Saxo wurde sie aus der Gefangenschaft des Königs Fro befreit und ergriff sofort selbst zu den Waffen. In der Schlacht an Ragnars Seite kämpfte sie nicht wie eine Begleiterin, sondern als vollwertige Kriegerin, deren Mut und Geschick den Sieg sicherten. Diese Darstellung hebt sie aus der Masse der Sagas heraus: Sie ist nicht nur Objekt der Handlung, sondern handelnde Heldin.

Ihre Ehe mit Ragnar Lodbrok wird ebenfalls ambivalent geschildert. Einerseits war sie ihm treu und unterstützte ihn sogar nach der Trennung, andererseits betont Saxo ihre Eigenständigkeit und Unabhängigkeit. Sie erscheint in der Legende als doppelte Figur – als loyale Gefährtin und zugleich als selbstbestimmte Frau, die auch ohne Ragnar ihren Platz im Geflecht der Macht behaupten konnte.

Historische Einordnung und mögliche Realität

Die Figur Lagerthas ist umstritten. Viele Historiker betrachten sie als literarische Konstruktion Saxos, der in seiner Gesta Danorum stark auf heroische Frauengestalten setzte, die an antike Amazonen erinnerten. Dennoch darf man die Legende nicht als bloße Erfindung abtun. Der Gedanke, dass Frauen in der Wikingerzeit in bestimmten Situationen zu den Waffen griffen, ist keineswegs ausgeschlossen.

Archäologische Funde wie das Kriegergrab von Birka (BJ 581), das eine Frau mit vollständiger Waffenausstattung und zwei Pferden zeigt, haben die Diskussion um kämpfende Frauen neu entfacht. Weitere Grabbeigaben mit Waffen bei Frauen bestätigen, dass das Bild der Schildmaid zumindest eine reale Grundlage gehabt haben könnte. Ob diese Frauen tatsächlich aktiv in Schlachten kämpften oder ob die Waffen eher symbolischen Charakter hatten, bleibt allerdings unklar. Lagertha könnte somit ein literarisches Echo auf diese Ausnahmeerscheinungen gewesen sein.

Differenzierung zur Serie Vikings

Die moderne Serie Vikings (2013–2020) hat Lagertha weltweit bekannt gemacht und sie als zentrale Figur neben Ragnar Lodbrok inszeniert. Die Darstellung basiert lose auf Saxos Bericht, erweitert diesen jedoch erheblich. Die Serien-Lagertha ist nicht nur Ragnars erste Ehefrau, sondern auch eine langjährige politische Herrscherin, Heerführerin und zentrale Akteurin der Wikingerwelt.

Historisch sind diese Elemente nicht belegt. Es gibt keine Quellen, die von einer Herrschaft Lagerthas über Ländereien berichten, und auch ihr langjähriger Einfluss als Kriegerin ist nicht dokumentiert. Dennoch hat die Serie einen wichtigen Beitrag geleistet: Sie hat das Interesse an nordischer Mythologie und Geschichte verstärkt und Lagertha zu einem globalen Symbol weiblicher Stärke gemacht – auch wenn diese Darstellung klar von der mittelalterlichen Überlieferung zu trennen ist.

Symbolik und Bedeutung Lagerthas

Unabhängig von der Frage ihrer historischen Existenz steht Lagertha symbolisch für die Möglichkeit weiblicher Macht in einer von Männern dominierten Welt. Sie verkörpert Mut, Tapferkeit und Eigenständigkeit – Eigenschaften, die in der nordischen Gesellschaft durchaus geschätzt wurden. Frauen konnten über Hof und Erbe verfügen, sie konnten Scheidungen einleiten und hatten in bestimmten Kontexten mehr Rechte als in vielen anderen Kulturen des Mittelalters. Lagertha ist damit ein Symbol für die Selbstbestimmung von Frauen in der Wikingerzeit, auch wenn ihre Gestalt literarisch überhöht ist.

Profil: Lagertha – Sagafigur zwischen Mythos und Geschichte

Name: Lagertha (wahrscheinlich aus altnordisch Hlaðgerðr abgeleitet)
Quelle: Gesta Danorum von Saxo Grammaticus (12. Jh.)
Zeitliche Einordnung: Frühmittelalterliche Sagengestalt, literarisch im Hochmittelalter tradiert
Status: Schildmaid, zeitweilige Ehefrau Ragnars Lodbrok (laut Saxo), eigenständige Kämpferin

  • Quellenlage: Saxo Grammaticus ist die einzige Quelle, die Lagertha namentlich erwähnt. In der Ragnars saga loðbrókar oder anderen Isländersagas erscheint sie nicht.

  • Historische Plausibilität: Archäologische Funde wie das Birka-Kriegergrab zeigen, dass Frauen mit Waffen bestattet wurden, was eine mögliche Realität von Schildmaiden andeutet.

  • Symbolik: Lagertha verkörpert Mut, Eigenständigkeit und die Ausnahmestellung weiblicher Kämpferinnen. Sie ist ein mythisches Gegenbild zur Norm, aber ein starkes kulturelles Symbol.

  • Moderne Rezeption: Besonders durch Vikings wurde Lagertha populär. Dort wird sie als zentrale Figur dargestellt, was weit über die mittelalterliche Quelle hinausgeht.

Moderne Rezeption von der Schildmaid Lagertha

Heute ist Lagertha eine Ikone – sowohl in der Geschichtskultur als auch in der Popkultur. In der Ásatrú-Bewegung und in feministischen Interpretationen wird sie häufig als Symbolfigur aufgegriffen, die zeigt, dass die nordische Welt vielfältiger war, als lange angenommen. Reenactment-Gruppen, Festivals und Living-History-Veranstaltungen stellen sie regelmäßig dar, inspiriert sowohl durch Saxo als auch durch die Serie Vikings.

In der Wissenschaft bleibt sie jedoch eine umstrittene Figur: Während einige Forscher sie als reine Sagengestalt betrachten, sehen andere in ihr ein mögliches Erinnerungsbild an reale Schildmaiden-Traditionen, die sich in archäologischen Befunden widerspiegeln.

Zusammenfassung zur Schildmaid Lagertha

Lagertha ist eine der bekanntesten Frauenfiguren der Wikingerzeit – oder vielmehr ihrer literarischen Überlieferung. Ihre Erwähnung in der Gesta Danorum zeigt sie als mutige Schildmaid und zeitweise Ehefrau Ragnars, doch historische Belege fehlen. Archäologische Funde von bewaffneten Frauengräbern eröffnen immerhin die Möglichkeit, dass es reale Vorbilder für solche Gestalten gab. Die Serie Vikings hat Lagertha zwar populär gemacht, aber auch stark verfälscht. Dennoch bleibt sie ein faszinierendes Symbol für Tapferkeit, weibliche Stärke und die Vielfalt der nordischen Vorstellungswelt.


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