Der Blog zur nordischen Mythologie und den Wikingern

Welten der Wikinger: Uppsala

Kaum ein Ort des nordischen Kulturraums hat so viele Mythen, Legenden und historische Quellen inspiriert wie Uppsala. Die heutige schwedische Universitätsstadt war bereits in der Wikingerzeit ein bedeutendes politisches, religiöses und kulturelles Zentrum. Vor allem das alte Gamla Uppsala – „Alt-Uppsala“ – mit seinen eindrucksvollen Grabhügeln und seiner Verbindung zu den großen Königen der Svear, den Ynglingen, nimmt in der Geschichte der Wikinger eine herausragende Stellung ein. Hier sollen mächtige Könige geruht, große Opferfeste stattgefunden und die wichtigsten Götter der Asen verehrt worden sein.

Uppsala war nicht nur ein Ort der Macht, sondern ein Symbol der Weltordnung, ein Zentrum, in dem Mythos, Ritual und Politik verschmolzen. Zwischen den monumentalen Hügeln, die weithin sichtbar über die Landschaft ragen, lag die Kultstätte, von der Adam von Bremen im 11. Jahrhundert berichtet: ein Tempel, in dem Thor, Odin und Freyr ihre Verehrung erhielten. Die Mischung aus archäologischen Funden, literarischen Überlieferungen und mythologischen Deutungen macht Uppsala zu einem Schlüsselort im Verständnis der nordischen Kultur und Religion.

Welten der Wikinger: Uppsala

Historische und archäologische Einordnung

Das alte Uppsala war bereits lange vor der Wikingerzeit ein Machtzentrum. Archäologische Untersuchungen haben gezeigt, dass die Region seit der vorrömischen Eisenzeit besiedelt war und spätestens im 5. und 6. Jahrhundert als Zentrum der Svear an Bedeutung gewann. Besonders bekannt sind die drei großen Königshügel von Gamla Uppsala, die im 6. Jahrhundert errichtet wurden und vermutlich Mitglieder der königlichen Dynastie der Ynglinge beherbergen.

In den umliegenden Gräbern fanden Archäologen prunkvolle Beigaben, darunter Waffen, Schmuck und Importwaren aus dem europäischen Festland und sogar aus Byzanz. Diese Funde belegen, dass Uppsala ein wohlhabender und weit vernetzter Ort war, der durch Handel und Tribute Reichtum anhäufte. Der Ort war nicht nur ein politisches Zentrum, sondern auch ein sakraler Mittelpunkt, der die religiösen Vorstellungen der nordischen Gesellschaft in monumentaler Form widerspiegelte.

Der Tempel von Uppsala nach Adam von Bremen

Die wohl bekannteste Beschreibung des heidnischen Heiligtums von Uppsala stammt von Adam von Bremen, einem Chronisten des 11. Jahrhunderts. In seiner Gesta Hammaburgensis Ecclesiae Pontificum schildert er einen Tempel, der „ganz aus Gold geschmückt“ gewesen sei und die Götter Thor, Odin und Freyr beherbergte. Thor, so Adam, habe im Zentrum gestanden und sei als mächtigster Gott der Himmelskräfte verehrt worden, während Odin als Gott des Krieges und der Helden und Freyr als Gott des Wohlstands und der Fruchtbarkeit seine Plätze an den Seiten einnahmen. Vor dem Tempel befand sich nach seinen Worten ein heiliger Hain, in dem ein Quell entsprang und in dem rituelle Opfer dargebracht wurden. Hier hängte man die Körper der geopferten Tiere – und manchmal auch Menschen – in die Bäume, sodass die heilige Stätte eine Aura des Unheimlichen, aber auch des Göttlichen erhielt.

Adam beschreibt zudem ein gewaltiges Neun-Jahres-Fest, bei dem die gesamte Bevölkerung des Reiches zusammenkam, um Opfer darzubringen. Bei diesen Feiern wurden nicht nur Rinder, Pferde und andere Tiere geopfert, sondern angeblich auch Menschenleben dargebracht, deren Blut die Götter gnädig stimmen sollte. Obgleich Adams Schilderungen durch seine christliche Perspektive geprägt sind und sicher Elemente der Übertreibung enthalten, bestätigen archäologische Befunde von Opfergruben und Spuren ritueller Handlungen, dass Uppsala tatsächlich ein zentraler Ort für heidnische Opferkulte war. Sein Bericht vermittelt somit ein seltenes, wenn auch gefiltertes Bild von der Pracht, Bedeutung und Furcht, die mit dem Kult in Uppsala verbunden waren.

Uppsala als religiöses Zentrum der Wikingerzeit

In der Wikingerzeit war Uppsala der sakrale Mittelpunkt des Svearreichs. Hier wurden die wichtigsten Blóts – Opferfeste – abgehalten, bei denen die gesamte Gemeinschaft zusammenkam. Besonders die Fruchtbarkeitsopfer für Freyr standen im Mittelpunkt, da sie Wohlstand, Ernte und Nachkommenschaft sichern sollten.

Der Ort symbolisierte eine Art Achse der Welt: In den Augen der Gläubigen verband er die göttliche Ordnung Asgards mit Midgard, der Welt der Menschen. Die mächtigen Königshügel waren sichtbare Zeichen der Verbindung zwischen Königtum und Göttlichkeit. Der König galt hier nicht nur als weltlicher Herrscher, sondern als Mittler zwischen den Göttern und seinem Volk.

Politische Bedeutung von Uppsala

Neben seiner religiösen Funktion war Uppsala auch ein bedeutendes politisches Zentrum. Hier fanden die Thing-Versammlungen statt, bei denen Gesetze beschlossen und Streitigkeiten geschlichtet wurden. Die Verbindung von Kult und Politik ist typisch für die Wikingerzeit: Das Recht wurde im Schatten der Götter gesprochen, und der König erhielt seine Legitimität durch seine Nähe zu den göttlichen Mächten.

Die Dynastie der Ynglinge, die in Uppsala ihren Ursprung haben soll, galt als heilig und war genealogisch direkt mit den Göttern verbunden. Dies verlieh den Herrschern eine sakrale Aura und machte Uppsala zum Machtzentrum des frühen schwedischen Reiches.

Die Königshügel von Gamla Uppsala

Die drei großen Grabhügel sind bis heute das eindrucksvollste Zeugnis der Macht Uppsalas. Sie messen bis zu 75 Meter im Durchmesser und 10 Meter in der Höhe und prägen die Landschaft auf majestätische Weise. Archäologen konnten durch Grabungen zeigen, dass sie um das Jahr 600 errichtet wurden.

In den Hügeln fanden sich prunkvolle Beigaben wie reich verzierte Schwerter, goldene Schmuckstücke und kostbare Glasgefäße. Diese Beigaben deuten auf die Bestattung hochrangiger Persönlichkeiten hin – vermutlich Könige oder bedeutende Clanführer. Die Monumentalität der Hügel diente nicht nur als Grabstätte, sondern auch als politisches Statement, das Macht, Einfluss und göttliche Nähe demonstrierte.

Mythologische Deutung von Uppsala

Obwohl die nordischen Quellen den Tempel von Uppsala nicht ausdrücklich erwähnen, lässt sich die symbolische Bedeutung des Ortes in den Mythen der Wikingerzeit nachvollziehen. Uppsala kann als eine Art Mikrokosmos der Weltordnung verstanden werden, als Schnittpunkt zwischen den göttlichen und den menschlichen Sphären. Die drei großen Königshügel, die noch heute das Bild von Gamla Uppsala prägen, lassen sich mythologisch deuten als Spiegel der göttlichen Trias von Odin, Thor und Freyr, den zentralen Mächten des Kosmos. In dieser Deutung wird Uppsala zum irdischen Abbild der Ordnung Asgards, einem Ort, an dem Königtum, Religion und Kosmos eine Einheit bildeten.

Auch die Verbindung zur Dynastie der Ynglinge unterstreicht den sakralen Charakter: Diese Könige galten als direkte Nachfahren der Götter, wodurch Uppsala nicht nur als Zentrum des Kultes, sondern als Manifestation göttlicher Abstammung verstanden wurde. Die gewaltigen Grabhügel waren in diesem Sinne nicht nur Ruhestätten, sondern sichtbare Monumente, die die göttliche Legitimität der Herrscher betonten. Uppsala wurde so zu einem Ort, an dem sich Mythos und Geschichte überlagerten, wo Könige als Mittler zwischen den Welten agierten und das göttliche Prinzip in der politischen Ordnung sichtbar wurde.

Rituale in Uppsala

Besonders berühmt ist das in den Quellen erwähnte große Opferfest, das alle neun Jahre stattfand und Menschen aus dem gesamten skandinavischen Raum nach Uppsala zog. Während dieses Festes, das zur Wintersonnenwende oder in deren Nähe abgehalten wurde, fanden sich nicht nur die Bewohner der Region, sondern auch Gesandte und Pilger aus entfernten Gebieten ein. Man errichtete Opferaltäre, führte Gelage durch und brachte Tieropfer dar, deren Blut für die Segnung von Kultgegenständen und Gemeinschaft genutzt wurde. Der Höhepunkt war die Darbringung besonders wertvoller Tiere wie Pferde und Rinder, aber auch die Überlieferung von Adam von Bremen spricht von Menschenopfern, die in den heiligen Hain gehängt wurden. Diese rituellen Tötungen sollten den Göttern Kraft und Leben zuführen, während das vergossene Blut als Medium galt, das den Segen auf die Gemeinschaft übertrug.

Neben diesen Neun-Jahres-Feiern fanden in Uppsala jedoch auch regelmäßige saisonale Rituale statt, etwa zu Beginn des Winters, um die Götter um Schutz vor Hunger und Kälte zu bitten, oder im Frühjahr, um eine reiche Ernte zu sichern. Freyr spielte hier eine zentrale Rolle, da er als Fruchtbarkeitsgott über Wohlstand und Ertrag wachte. Ebenso wurden Siege und königliche Thronbesteigungen durch rituelle Handlungen in Uppsala bestätigt, wodurch der Ort auch eine politische Dimension erhielt. In diesen Kulthandlungen verschmolzen Religion, Gesellschaft und Herrschaft in einem feierlichen Ausdruck, der Uppsala zum Zentrum nicht nur des Glaubens, sondern auch der kulturellen Identität der Svear machte.

Archäologische Entdeckungen in der Neuzeit

In den letzten Jahrzehnten haben moderne Grabungen in Gamla Uppsala faszinierende Einblicke geliefert. Geophysikalische Untersuchungen und Ausgrabungen enthüllten die Überreste von großen Hallenbauten, die vermutlich als Residenzen der Könige und Kultstätten dienten. Diese Hallen könnten mit den in den Sagas beschriebenen Festhallen identisch sein, in denen Gelage, Rituale und politische Beratungen stattfanden.

Auch der Nachweis eines kultisch genutzten Hains, Pfostenstellungen und Opfergruben bestätigt, dass Uppsala ein Zentrum religiöser Praxis war. Damit verschmilzt die literarische Überlieferung mit den archäologischen Befunden zu einem Bild, das die sakrale Bedeutung Uppsalas eindrucksvoll unterstreicht.

Uppsala im Übergang zum Christentum

Mit der Christianisierung Skandinaviens verlor das alte Uppsala seine Bedeutung als heidnisches Kultzentrum. Im 11. Jahrhundert wurde in der Nähe eine Kirche errichtet, und das Bistum Uppsala entwickelte sich im Hochmittelalter zum geistlichen Zentrum Schwedens. Der heidnische Kult wurde bewusst durch christliche Strukturen ersetzt – ein klassisches Beispiel für die Transformation heiliger Orte.

Doch die Erinnerung an Uppsala als Ort der Götterverehrung blieb lebendig. Bis heute faszinieren die Monumente von Gamla Uppsala, die Königshügel und die Mythen, die sich um sie ranken.

Moderne Rezeption von Uppsala

Heute ist Uppsala ein Ort, an dem sich Wissenschaft, Mythos und Spiritualität begegnen. Archäologische Museen, Rekonstruktionen und Forschungsprojekte machen den Besuch zu einer Reise in die Vergangenheit. Für viele Anhänger moderner heidnischer Religionen wie Ásatrú gilt Gamla Uppsala bis heute als heiliger Ort, an dem Rituale und Zeremonien abgehalten werden.

Die Grabhügel sind zudem ein Symbol für das nationale Erbe Schwedens und prägen die kulturelle Identität des Landes. Literatur, Kunst und Popkultur greifen die Faszination von Uppsala immer wieder auf – sei es in Romanen, historischen Dokumentationen oder modernen Fantasy-Erzählungen.

Zusammenfassung zu Uppsala in Schweden

Uppsala war eines der wichtigsten Zentren der Wikingerzeit – ein Ort, an dem Macht, Religion und Mythos miteinander verschmolzen. Die Königshügel von Gamla Uppsala, die Beschreibungen des Tempels durch Adam von Bremen und die archäologischen Befunde zeichnen das Bild einer Stadt, die als sakrales und politisches Herz des Svearreichs galt. Hier wurden Könige begraben, Götter verehrt und Gesetze beschlossen.

Uppsala verkörpert damit die Verbindung von Vergangenheit und Gegenwart: ein Ort der Könige, der Mythen und der Götter, dessen Bedeutung bis heute nachhallt.


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