Der Blog zur nordischen Mythologie und den Wikingern

Feiertage der Wikinger: Ostara / Eostre

Mit dem Schmelzen des Schnees und dem ersten Grün kehrte nicht nur das Licht, sondern auch das Leben in die Welt der Wikinger zurück. Der Feiertag Ostara, benannt nach einer mythischen Fruchtbarkeitsgöttin, markierte diesen Wendepunkt. Er war ein tief verankerter Bestandteil der naturverbundenen Weltanschauung der Wikinger – ein Fest für die Rückkehr der Sonne, für Erneuerung und Fruchtbarkeit. Es war kein zufälliges Datum im Kalender, sondern wurde durch die Natur selbst angekündigt: durch die Frühlings-Tagundnachtgleiche, wenn Tag und Nacht sich die Waage hielten. Ostara war kein oberflächliches Frühlingsfest. Es war ein spiritueller Übergang, ein Moment des Innehaltens – zwischen dem, was war, und dem, was werden sollte. Ein uraltes Ritual, das den Zyklus des Lebens ehrte.

Feiertage der Wikinger: Ostara

Die Ursprünge von Ostara – Zwischen Mythos und Natur

Die Wurzeln des Ostara-Festes reichen tief in die germanisch-nordische Vorstellungswelt zurück. Der Name selbst ist eng verwandt mit Eostre, einer Göttin des Lichts und der Morgendämmerung, die im angelsächsischen Raum verehrt wurde. Über sie berichtet der Mönch Beda Venerabilis im 8. Jahrhundert – als eine Frühlingsgöttin, zu deren Ehren im Monat „Eosturmonath“ gefeiert wurde.

Im nordischen Raum war es jedoch weniger die Göttin selbst als vielmehr der naturreligiöse Anlass, der im Zentrum stand. Die Frühlings-Tagundnachtgleiche stellte eine heilige Schwelle dar: Das Licht kehrte endgültig zurück, die Natur begann zu erwachen. In dieser Balance von Tag und Nacht, von Winter und Frühling, erkannten die Wikinger ein göttliches Zeichen für Neubeginn und Fruchtbarkeit.

Das Fest war eng mit dem landwirtschaftlichen Zyklus verbunden. Nach den harten Wintermonaten richtete sich der Blick nun auf Saat, Geburt, Wachstum und Hoffnung. Ostara war ein Übergangsritus – symbolisch und real zugleich.

Rituale bei Ostara zur Frühlings-Tagundnachtgleiche

Das Ostara-Fest war reich an symbolischen Handlungen, deren Ziel es war, die Kräfte der Natur zu ehren und den Segen der Götter für das kommende Jahr zu erbitten. Viele dieser Rituale fanden im Freien statt, in heiligen Hainen, an Quellen oder auf kultischen Feldern, wo sich die Gemeinschaft versammelte.

Eines der zentralen Rituale war die Reinigung durch Feuer und Wasser. Haus und Hof wurden gründlich gereinigt, und oft wurde ein kleines Feuer entzündet, um symbolisch die letzten Geister des Winters zu vertreiben. Auch ein rituelles Bad – etwa in einem Bach – konnte Teil des Reinigungsprozesses sein.

Opfergaben an die Götter nahmen ebenfalls eine bedeutende Rolle ein. Menschen brachten Blumen, Körner, Eier oder kleine Speisen dar – als Zeichen der Dankbarkeit und Bitte um Fruchtbarkeit. Diese Gaben wurden auf Altären niedergelegt, in Quellen geworfen oder symbolisch vergraben.

Auch das Bemalen und Vergraben von Eiern galt als besonderes Ritual. Eier wurden mit natürlichen Farbstoffen bemalt und im Feld vergraben – als Geste, um die Erde zu „füttern“ und den kommenden Ertrag zu sichern.

Die erste Aussaat war ebenfalls ein heiliger Akt. Oft wurden dabei Gebete gesprochen, und der erste Samen wurde unter besonderem Schutz der Götter in den Boden gelegt. Das war kein gewöhnlicher Moment – es war der Beginn eines neuen Jahres, sowohl im praktischen wie im spirituellen Sinn.

Symbolik von Ostara: Eier, Blumen, Hasen

Die bei Ostara verwendeten Symbole hatten tiefe kulturelle und spirituelle Bedeutung. Das Ei war nicht einfach nur ein Zeichen der Fruchtbarkeit – es stand für das kosmische Ei, aus dem die Welt geboren wurde. In seiner Form verkörperte es Vollkommenheit, im Inneren das Potenzial für neues Leben.

Blumen, besonders die ersten Frühlingsblüher wie Veilchen, Schlüsselblumen oder Gänseblümchen, wurden als Vorboten der Naturgeister betrachtet. Sie wurden auf Altäre gelegt, als Schmuck getragen oder mit ins Haus gebracht, um dort das göttliche Leben einziehen zu lassen.

Der Hase, obwohl nicht eindeutig belegt in der nordischen Mythologie, wurde in späteren Überlieferungen häufig mit Fruchtbarkeit, Beweglichkeit und Neuanfang in Verbindung gebracht. Seine enorme Fortpflanzungskraft machte ihn zum natürlichen Symbol für das Frühlingserwachen.

Diese Elemente wurden bewusst gewählt – nicht zur Dekoration, sondern als Teil eines spirituellen Codes, den die Menschen verstanden und ehrten.

Verbindung von Ostara zu Freyja, Freyr und den Naturkräften

Zwei der wichtigsten Gottheiten, mit denen Ostara verbunden war, sind Freya und Freyr – Geschwister und Fruchtbarkeitsgötter aus dem Geschlecht der Vanen.

Freya, als Göttin der Liebe, der Fruchtbarkeit und der Schönheit, verkörperte die weibliche Seite der Lebenskraft. Ihre Verbindung zu den Zyklen von Geburt, Tod und Wiedergeburt machten sie zur idealen göttlichen Begleiterin der Frühlingszeit. Man ehrte sie mit Blumen, Opfergaben und Gesängen.

Freyr, ihr Bruder, war der Gott der Fruchtbarkeit, des Wohlstands und der Sonnenkraft. Er galt als Beschützer der Felder und des Viehs. Bauern baten ihn um reiche Ernte, starke Tiere und gutes Wetter. Die erste Aussaat wurde oft unter seinen Schutz gestellt.

Idun, die Hüterin der Äpfel der Jugend, wurde ebenfalls angerufen. Ihre Verbindung zum immerwährenden Leben und zur körperlichen Erneuerung passte perfekt zum Gedanken von Ostara als Übergang in eine neue Zeit des Wachstums.

Diese Gottheiten wurden nicht nur verehrt – sie waren präsent. Die Menschen fühlten ihre Nähe in Wind, Erde, Sonne und Keimung.

Nordisches Ostara im Vergleich mit anderen Kulturen

Der Feiertag Ostara ist kein isoliertes Phänomen. Viele alte Kulturen kannten zur Frühlings-Tagundnachtgleiche Feste mit sehr ähnlichem Charakter.

Im keltischen Kulturkreis wurde Alban Eilir gefeiert – das „Licht der Erde“. Auch dort ging es um Balance, Wachstum und das Erwachen der Natur. Feuer, Wasser und Blumen spielten auch hier eine wichtige Rolle.

Im römischen Reich feierte man das Fest der Göttin Cybele und die symbolische Wiederauferstehung von Attis, einem Vegetationsgott. Die Parallelen zu Fruchtbarkeit und Wiedergeburt sind auffällig.

In Persien wiederum wurde Nowruz, das neue Jahr, zur gleichen Zeit gefeiert. Mit Feuern, Musik und Blumen ehrte man das Licht und wünschte Glück für die kommende Zeit.

Diese Beispiele zeigen: Der Drang, das Erwachen des Lebens zu feiern, ist ein universelles Erbe der Menschheit.

Ostara in moderner Interpretation

Heute wird Ostara vor allem in heidnischen und neopaganen Glaubensrichtungen wie Ásatrú, Wicca oder modernen Naturreligionen gefeiert. Auch spirituelle Gruppen, die sich mit nordischer Tradition beschäftigen, halten das Fest lebendig.

Es ist zu einem Zeitpunkt der Selbstreflexion und spirituellen Erneuerung geworden. Viele nutzen die Tagundnachtgleiche, um sich bewusst vom Winter zu verabschieden, alte Lasten abzuwerfen und Raum für das Neue zu schaffen.

Ob durch ein selbst gestaltetes Ritual, einen stillen Spaziergang durch erwachende Wälder oder das Pflanzen von Samen – Ostara hat heute viele Formen. Doch in allen wohnt noch immer der alte Geist: Verbindung zur Natur, Dankbarkeit für das Leben und Hoffnung auf Fruchtbarkeit.

Ostara, Eostre – und Ostern?

Die Verbindung zwischen dem heidnischen Ostara und dem christlichen Ostern ist komplex, aber offensichtlich. Der Name selbst zeigt bereits sprachliche Nähe, und viele Bräuche wurden aus der heidnischen Frühlingskultur übernommen.

Das Bemalen von Eiern, das Suchen von Ostereiern, das Schmücken mit Blumen oder die Verwendung des Hasen als Symbol – all dies sind Elemente, die sich aus dem älteren Ostara-Fest ableiten lassen.

Das Christentum setzte mit der Auferstehung Christi einen neuen Fokus – aber viele der zugrunde liegenden Bilder und Rituale blieben erhalten. Ostara lebt somit unter der Oberfläche weiter – in Bräuchen, Symbolen und im Rhythmus der Natur.

Zusammenfassung zum Wikinger Feiertag Ostara

Ostara war für die Wikinger weit mehr als nur ein Frühlingsfest. Es war ein spiritueller Neubeginn, ein heiliger Moment im Jahreskreis, der Mensch, Natur und Gottheit miteinander verband. Das Erwachen des Lichts, das Sprießen der Erde, das Versprechen neuen Lebens – all das war durchdrungen von Ritual, Bedeutung und Magie. Und vielleicht liegt genau darin auch heute noch seine Kraft: In einer Welt, die oft aus dem Gleichgewicht geraten ist, erinnert uns Ostara daran, innezuhalten, zu feiern und im Rhythmus der Erde zu leben.


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